DIE ÜBERDACHUNG DES KÄERCHER GRÉIWESCHLASS

Ein besonderer Reiz des Koericher Schlosses besteht darin, dass im erhöhten Bereich des früheren Wohntraktes Konzerte, Aufführungen und andere Veranstaltungen stattfinden können. Dieser etwa 31 x 10 m² großer Bereich hat eine Gesamtfläche von 306 m².

Der Bereich wird durch drei 12,8 m hohe Seitenwände begrenzt. Vor allem die Längsseite der Südfassade bildet - vom Innenhof aus gesehen - einen grandiosen Bühnenhintergrund und sollte deshalb unbedingt erhalten und zur Geltung gebracht werden.

Um Veranstaltungen witterungsunabhängig durchführen zu können, ist eine Überdachung der Bühnenfläche unerlässlich. In diesem Rahmen wurde das Ingenieurbüro Ney & Partners mit der Erstellung eines Entwurfs beauftragt, der unterschiedliche Möglichkeiten des Schutzes gegen die verschiedenen Witterungsbedingungen vorsieht. Dank der massiven Mauern an den Ost-, Süd- und Westseiten kann eine leichte Spannkonstruktion für die Überdachung in Betracht gezogen werden. Ein Haupttragseil, das in der Achse des Wohntraktes verläuft, wird dabei zwischen der Ost- und Westfassade gespannt. Die Membranüberdachung wird vom Tragseil an zwei Hochpunkten getragen. Durch ein Rand Seil, das an verschiedenen Punkten befestigt ist, lässt sich die gesamte Membran nach unten spannen. Daraus ergibt sich schließlich der Umfang der überdachten Fläche. Um die überdachte Fläche zu maximieren, reichen sechs Tiefpunkte der Membran bis zu 80 cm an die Innenseiten des Schlosses heran. Die beiden zum Innenhof hin zeigenden Tiefpunkte werden wiederum durch zwei runde Masten mit einem Durchmesser von 168 mm und einer Länge von 7 m gestützt, die jeweils auf einem Punktkipplager mit 40 mm Durchmesser aufgelagert sind.

Da kein Bauelement auf dem erhöhten Raum aufliegt, sind mehrere Anordnungen denkbar. Die gewählte Geometrie mit einer Fläche von 240 m² bestimmt zwei gleichwertige Räume, die sich entweder in einen Zuschauer- und einen Aufführungsraum aufteilen oder ganz als Bühnenfläche nutzen lassen.

Unter dem Gesichtspunkt der architektonischen Integration besteht der Vorteil dieses Konzepts in seiner Leichtigkeit, dem Verzicht auf Strukturen im eigentlichen Sinne und einer modernen Ausdrucksform, die seinen zeitlich bedingten Charakter verdeutlicht. Die neuen Elemente werden hervorragend in das bestehende Gemäuer eingebunden, weil sie mit ihrer natürlichen, luftigen und filigranen Form im Gegensatz zu den massiven Mauern  mit ihrer strengen Geometrie stehen.

Die Entwässerung ist an den acht Tiefpunkten des Membrandachs vorgesehen. Da die Membran an den Randseilen um 40 mm angehoben ist, kann das Wasser auf der Membranoberfläche gehalten werden. Entlang der Innenseite kann das Wasser an sechs Tiefpunkten in Edelstahlrohren abfließen.

Bei den beiden Tiefpunkten an der Seite des Innenhofs kann das Wasser in die béiden Masten abfließen. Neben der tragenden Funktion und der Ableitung des Regenwassers dienen diese Stützen außerdem der Beleuchtung der Bühnenfläche. Am oberen Ende der Stütze sind mehrere Leuchtkörper angebracht. Weitere, von der Struktur der Überdachung unabhängige Lichtpunkte, ergänzen die Ausleuchtung des Raums.

Um die Membran zwischen beiden Seiten des Schlosses spannen zu können, waren mehrere Verstärkungen erforderlich. An den Ost- und Westfassaden wurden Träge angebracht, um das Seil nach oben zu führen und die Traglast auf dem Mauerwerk zu verteilen. Die Verankerungen der sechs Tiefpunkte verlaufen durch die Fassaden  und verteilen die Belastung auf Mikropfähle, die außerhalb des Schlosses im Boden verankert sind.

Eine derartige Struktur erfordert eine kontrollierte Spannung der Oberfläche. An verschiedenen Verbindungsstellen sind verstellbare Gabelköpfe vorgesehen, um eine optimale Verteilung der Zugkräfte in den Seilen und der Membran zu ermöglichen. Die eingehende statische Berechnung zeigt eine wesentlich größere Spannungskonzentration an den beiden Hochpunkten im Vergleich zur restlichen Membran. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurde die Membran an den Hochpunkten mit halbtransparenten (20%) Material gedoppelt. Die beiden Verstärkungsbereiche sind in geometrischer, radialer Form gestaltet und spielen mit Schatten und wechselnden Ansichten um die kritischen Punkte der Membran.

Besonderer Wert wurde auf die Wahl der Materialien gelegt. Für die Überdachung und die Metallelemente werden strapazierfähige und langlebige Materialien verwendet: Die Membranüberdachung besteht aus einem PTFE-Maschengewebe mit einer geglätteten, schmutzabweisenden Fluorbeschichtung. Zum Schutz vor Witterungseinflüssen bestehen fast alle Metallkomponenten der Konstruktion aus hochwertigem Edelstahl. Es wurden zwei Ausführungen verwendet: Schwarz (wie alle neuen Konstruktionen des Architekturbüros Fabeck) für die Komponenten, die in direktem Kontakt mit dem bestehenden Bau stehen, sowie perlgestrahlter Edelstahl für die Stahl-Elemente, die zur Membran gehören.

Said Sahmaoui und Laurent Ney

NEY & PARTNERS

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