Op Lëtzebuergesch

Die Sage von der Erbauung des Schlosses Lützelburg.

soenVor mehr als neunhundert Jahren lebte zu Körich auf seinem Schloß Graf Siegfried. Dieser verirrte sich einst auf der Jagd und gelangte in das Tal der Alzet an die Stelle, wo heute Luxemburgs Vorstädte Grund, Klausen und Pfaffenthal sich im Bogen um den Bockfelsen herumziehen. Damals aber sah es in diesem Felsental gar wild aus und nur selten mochte sich der Fuß eines Wanderers hierhin verirren. Siegfried sah vor sich oben auf dem Bock die Ruinen einer Römerburg emporragen und der Ort schien ihm sehr geeignet zur Erbauung eines Schlosses. Im Jahre 963 gewann er den kahlen Felsen nebst dem umliegenden Walde durch Tausch von dem Abte von St. Maximin bei Trier gegen seine schöne Herrschaft Feulen bei Ettelbrück. Aber lange mußte Siegfried von der Erbauung eines Schlosses auf dem Bock absehen, da ihm das nötige Geld fehlte. So saß er einst traurig am Vorabend von Mariä Himmelfahrt auf seinem Schloß zu Körich; fast reute ihn der unsinnige Tausch und in seiner Verstimmung rief er den Teufel. Dieser erschien sofort und zeigte sich bereit, den Grafen reichlich mit Geld zu versehen, die Ruinen der alten Römerburg wegzuräumen, an deren Stelle ein Schloß nach des Grafen Wunsch zu erbauen und eine Heerstraße von Körich nach dem neuen Schlosse herzustellen,1alles in einer Nacht, aber unter der Bedingung, daß ihm der Graf seine Seele verschreibe, die er nach dreißig Jahren an demselben Tag und zur selben Stunde holen werde. Siegfried ging auf die Bedingung ein.

Am folgenden Morgen fuhr der Graf auf einer breiten Straße nach Luxemburg. Dort erhob sich auf dem alten Bock vor seinen staunenden Blicken das neue Schloß, die Lützelburg, die nach seinem Wunsche aufs prächtigste erbaut und ausgestattet war.

Allein der Bund den er mit dem Teufel eingegangen war, begann den Grafen bald gar sehr zu ängstigen. Da verwendete er den Reichtum, den er der Hölle verdankte, zu wohltätigen Zwecken. Er ließ Kirchen und Kapellen erbauen und beschenkte sie reichlich; täglich ließ er Messen lesen, um sich aus der Gewalt des Teufels zu befreien.

Als aber der dreißigste Vorabend von Mariä Himmelfahrt, der 14. August 998, heranrückte, lud Siegfried an diesem Abend alle Ritter der Nachbarschaft zu einem Festmahl ein, ließ das Schloß aufs strengste bewachen und gebot, niemand bei Nacht einzulassen, wer es auch sei. Allein zur selben Stunde, zu welcher der Böse dem Grafen vor dreißig Jahren erschienen war, stand plötzlich inmitten der erschrockenen Gäste der Teufel in Gestalt eines riesengroßen Ritters, der Siegfried winkte, ihm zu folgen. Dieser verabschiedete sich bei den Gästen und ging in ein anderes Zimmer, wo ihn der Teufel erfaßte und mit ihm durch ein Fenster verschwand, einen pestilenzartigen Gestank im Zimmer zurücklassend.

Ein Mönch, der eben in dies Zimmer trat, behauptete, gesehen zu haben, daß der Teufel des Grafen Seele nicht behalten habe, sondern nur dessen Leib, und daß die Seele von Engeln gegen Himmel getragen worden sei.

Nach N. Gonners Mitteilungen und mündlich

Fußnoten

Nach der Sage verpflichtete sich der Teufel, eine schnurgerade Straße von Körich nach dem Bockfelsen zu bauen, die auch nicht die mindeste Krümmung haben dürfe und mit Wacken gepflastert sein müsse, damit sie nicht staubig und kotig werde, so daß der Graf das Vieruhrbrot in Körich und das Abendessen in Luxemburg einnehmen könne.

Quelle:

Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 355-356.

 
 

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